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„Regen auf richtigen Wegen“ lautet das Motto der Emschergenossenschaft zur Abkopplung vom Mischkanal in den Kommunen ihres Flussgebietes.

Terminal 2 Flughafen Frankfurt-Main versorgt die WC–Spülung mit Regenwasser vom Dach des Gebäudes.

01.04.2014 |

Contracting in der Wasserwirtschaft seit 1852

In dem 1988 erschienenen Buch „Die vergessenen Tempel, Geschichte der Sanitärtechnik“ wird von einer frühen Privatisierung berichtet: „1852 kam es zum Auftrag an eine englische Wasserbaugesellschaft, in Berlin ein öffentliches Wasserversorgungssystem einzurichten.

Auftraggeber war das Königliche Polizeipräsidium unter Führung eines Herrn Hinkeldey, das nach den politischen Unruhen von 1848 erheblich an Einfluss gewonnen hatte. Gegenstand des Vertrags war neben der Lieferung des Trinkwassers die kostenlose Errichtung und Versorgung von 5 Springbrunnen sowie die Spülung der Rinnsteine. Die Tarife für die privaten Abnehmer konnte das Unternehmen selbst festlegen. Überschritt der Gewinn 10 %, musste die Hälfte des Mehrbetrages an den Fond zur Finanzierung eines Kloakensystems – den Kloakenfond – abgeführt werden. Die eingezahlten Beträge waren jedoch so gering, dass es nicht zum Bau eines Abwassersystems reichte.“

Vereinfacht dargestellt finanziert und betreibt der Contractor eine technische Anlage beim Kunden innerhalb eines vereinbarten Zeitraums und stellt nur das vom Kunden gewünschte Gut zu einem vereinbarten Preis in Rechnung, z. B. Kälte, Wärme, Strom, Dampf, Wasser. Contracting ist ein Begriff, den man vor allem aus der Energiesparszene kennt. Die Zeitung für Kommunales (ZfK) hatte im April 1994 unter dem Titel „Marketing für intelligente Wassernutzung" berichtet, die Unternehmensstrategie der Stadtwerke Frankfurt am Main ziele darauf ab, sich vom reinen Wasserversorger weiterzuentwickeln zu einem Dienstleister in Sachen Umweltschutz. Es müssten neue Geschäftsfelder erschlossen werden, um den Ressourcenschutz zu einem profitablen Unternehmenszweig zu machen. Das Produkt heiße nicht mehr Wasser, sondern intelligenter Umgang mit Wasser. In einer Marktforschungsstudie sollte untersucht werden, welche konkreten Chancen für solche Dienstleistungen in Handel und Gewerbe bestehen. Außerdem ermittle man Möglichkeiten der Betriebswassernutzung, z. B. Flughafen Terminal 2. Damals wurde in der Broschüre „Wasser für Frankfurt" Betriebswasser angeboten mit dem Hinweis, ein flächendeckendes Netz dafür sei im Allgemeinen zu kostspielig - viel interessanter daher sogenannte Inselnetze für Großabnehmer in der näheren Umgebung von Betriebswasserquellen, von denen es in Frankfurt eine ganze Reihe gäbe. In der Aufzählung der Beispiele war u. a. genannt: „Regenwasser/Dachablaufwasser (...) kommt zum Nulltarif und ist außerdem gut geeignet, um damit die Pflanzen zu gießen. Aber auch drinnen lässt sich Regenwasser nutzen: Zum Wäschewaschen und natürlich für die WC-Spülung - zuhause und in öffentlichen Einrichtungen." Im selben Heft bot sich die Mainova AG - vormals Stadtwerke Frankfurt GmbH – für Contracting mit Wasserspartechnologie an. Doch dies ist Vergangenheit.

Neu ist, dass Contracting nicht nur auf der Ver- sondern auch auf der Entsorgungsseite auftaucht. Aktuell wirbt die Emschergenossenschaft mit dem Slogan „Regen auf richtigen Wegen“ für die Abkopplung des Regenwassers vom Mischkanal und empfiehlt den zugehörigen Kommunen sowie Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben in ihrem Flussgebiet: „Zum Preis der Gebühreneinsparung bietet sich die Nutzung des Contracting-Verfahrens an. Ohne finanziellen Eigenanteil können Projekte umgesetzt werden, in denen Planung, Bau und Betrieb einer Abkopplungsmaßnahme von einem fachkundigen Unternehmen durchgeführt werden. Dafür erhält dieses im Anschluss so lange die eingesparten Entwässerungsgebühren, bis die Investitionskosten bezahlt sind. Danach profitiert der Eigentümer von den Gebühreneinsparungen.“ In einigen Kommunen wird noch geklärt, ob es rechtliche Vorbehalte gibt, da möglicherweise die Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung umgangen wird. Für die private Industrie stellt sich diese Frage nicht.

(Autor und Bildquelle: Klaus W. König)

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